Gänsewacht-Meldungen


vom 14. Januar 2009


Das VsK informiert Sie weiterhin über die Gänsewacht. Gänsefreunde übermittelten uns die folgenden Berichte, über die Beobachtungen der vergangenen Tage:

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“Lieber Herr Dr. Schneider,

für das Vogelschutz-Komitee ein frischer Situationsbericht des letzten Jagdwochenendes.

Heute [Anm. 13. Januar 2009] hörte ich auf der Wacht nicht einen einzigen Schuss, obwohl Nebel herrschte und die Gänse sehr niedrig flogen. Bis zum 15. Januar [Anm. Ende der Jagdzeit] stehe ich noch jeden Morgen auf dem Posten und verteidige meine Gänse.

Zugegeben, die tägliche Bekanntschaft mit ihnen hat das innige Verhältnis zu dieser stolzen Tierart nur noch verstärkt. Lassen Sie uns an einer schlagkräftigen Truppe arbeiten. Kaum zu glauben, ich freue mich jeden Tag aufs Neue auf die Begegnung mit schnatternden Gänsen, trotz grimmiger Kälte oder nasskaltem Seenebel.

Gruß

nonnengaense_dollart

Liebe Gänsefreunde,

am Sonnabend, den 10. Jan. 2009, war der Gänsewachtposten am NSG Petkumer Deichvorland um 7.45 Uhr mit zwei Beobachtern besetzt. Es war das letzte Wochenende vor Ende der politisch geforderten Hatz auf nordische Gänse im Europareservat Dollart und der Region V10 Emsmarschen. Wie in den Jahren zuvor nutzten revierlose Jäger und andere Lodenträger mit grünem Abitur die letzte Gelegenheit, auf arktische Vögel zu zielen, sie zu Tode zu erschrecken und einen großen Teil flügellahm zu schießen.

Ihrem ramponierten Ruf erwiesen die “Weidmänner” alle Ehre. Keine Spur von Zurückhaltung nach der Veröffentlichung “Schwarzer Listen” gegen Naturschützer, die sich gegen die Verfolgung von nordischen Gänsen in einer Petition aussprachen.

Bereits in der Finsternis waren im weiten Umfeld des Gänseeinzugsgebietes die Schießer in Position gegangen und erwarteten in der Morgenröte einfliegende Gänseschwärme. Die Sonne sollte um 8.31 Uhr zum Vorschein kommen, doch dreiviertel Stunden vorher begann das Stakkato der Jäger in eine herrliche Morgenstimmung. Da war nichts mehr mit romantischen Gefühlen, der Morgen in Petkum erinnerte an das Geballer am Silvesterabend. Schlimmer, am Silvester trachtet man nicht nach dem Leben der Mitgeschöpfe, obwohl ihnen wegen des Lärms und des Pulvergestankes stark zugesetzt wird.

Was sich am letzten Wochenende vor dem so genannten “Hasensilvester” in den ostfriesischen Niederungen abspielt, ist ein jährlich wiederkehrender, gewalttätiger Skandal einer bewaffneten Minderheit, auf Kosten wehrloser Tiere. Die Spuren dieses Treibens lassen sich vor Ort besichtigen. Mehrere Schicksalsgemeinschaften verkrüppelter Gänse vegetieren Monate und Jahre in den Salzwiesen und erreichen ihre Brutheimat, die nordische Tundra, nie mehr. Das sollten sich gewissenlose Schießer und degenerierte Mitbürger unter uns, die immer noch meinen, mit der Flinte ließe sich Naturschutz betreiben, einmal ansehen. Wenn die Politik auf ganzer Linie versagt, bleibt nur die Organisation einer funktionierenden Kontrollinstanz an den Schießplätzen der Jäger.

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Die Gänsewacht ist ein guter Ansatz! Sie bietet interessierten Naturfreunden beste Möglichkeiten, den Zugvogeljägern auf die Finger zu schauen und sie zu verunsichern. Wenn es gelingt, bis zur herbstlichen Jagdzeit auf Gänse viele Naturschützer für dieses Thema zu begeistern, gerät die skandalöse ostfriesische Jagdpraxis in den Focus. Die Idee, Bett gegen täglich drei Stunden Gänsewacht wäre z.B. ein “Tourismusprojekt” für engagierte Binnenländer, mal kostengünstig die Küste kennen zu lernen und gleichzeitig dem Naturschutz zu dienen.

An der Unterems in Petkum hat die Gänsewacht mit etwas Engagement der beteiligten Aktivisten sehr wirkungsvoll funktioniert. Diesen Personen gilt mein besonderer Dank.

Hier die skandalöse Schießorgie des 10.Januar 2009, beobachtet vom Gänsewachtposten Petkum- Ems:

7.45 Uhr Beginn der Beobachtung.
Temperatur -2,7 Grad C.
Beginn des Gänsezuges 7.50 Uhr vom Dollart in Richtung Rheiderland und Petkum- Oldersum.

7.55 Uhr: 1 Schuss,  Borssumer Siel
8.05 Uhr: 3 Schüsse, Borssumer Hammrich
8.13 Uhr: 2 Schüsse, Petkumer Hammrich
8.14 Uhr: 2 Schüsse, Petkumer Hammrich
8.15 Uhr: 5 Schüsse, Hatzum
8.16 Uhr: 2 Schüsse, Hatzum
8.17 Uhr: 2 Schüsse, Petkumer Hammrich
8.17 Uhr: 1 Schuss,   Hatzum
8.18 Uhr: 6 Schüsse, Hatzum
8.18 Uhr: 4 Schüsse, Ditzumer Hammrich
8.21 Uhr: 4 Schüsse, Hatzum
8.21 Uhr: 2 Schüsse, Oldersum
8.23 Uhr: 3 Schüsse, Ditzumer Hammrich
8.24 Uhr: 4 Schüsse, Oldersum
8.24 Uhr: 7 Schüsse, Ditzumer Hammrich
8.25 Uhr: 3 Schüsse, Ditzumer Hammrich
8.26 Uhr: 4 Schüsse, Oldersum
8.27 Uhr: 2 Schüsse, Petkumer Hammrich
8.28 Uhr: 4 Schüsse, Hatzum
8.32 Uhr: 2 Schüsse, Nendorp
8.33 Uhr: 1 Schuss,   Nendorp
8.40 Uhr: 2 Schüsse, Petkumer Hammrich
8.41 Uhr: 3 Schüsse, Oldersum
8.45 Uhr: 3 Schüsse, Oldersum
8.47 Uhr: 1 Schuss,   Hatzum
8.48 Uhr: 4 Schüsse, Pogum
8.55 Uhr: 3 Schüsse, Hatzum
8.57 Uhr: 2 Schüsse, Ditzumer Hammrich
9.01 Uhr: 2 Schüsse, Ditzumer Hammrich
9.02 Uhr: 2 Schüsse, Oldersumer Hammrich
9.04 Uhr: 2 Schüsse, Oldersumer Hammrich
9.04 Uhr: 2 Schüsse, Oldendorp
9.05 Uhr: 1 Schuss,   Oldersumer Hammrich
9.07 Uhr: 3 Schüsse, Oldersum
9.15 Uhr: 4 Schüsse, Oldersum
9.15 Uhr: 4 Schüsse, Hatzum
9.16 Uhr: 4 Schüsse, Oldersum
9.17 Uhr: 2 Schüsse, Borssum
9.18 Uhr: 3 Schüsse, Oldendorp
9.19 Uhr: 2 Schüsse, Oldersum
9.21 Uhr: 3 Schüsse, Oldersum

9.50 Uhr: Ende der Gänsewacht.

Resümee: Im 200 ha großen NSG Petkumer Deichvorland fiel während der Beobachtungszeit kein einziger Schuss. Natürlich waren Jäger in Zivil in meiner Nähe und peilten die Lage, zogen aber wieder ab. Nichts fürchten Jäger mehr als “Kontrolle”. Verbunden mit einer guten Videokamera, einem Camcorder oder einer lichtstarken Teleoptik von mindestens 800 mm Brennweite mit einer digitalen Spiegelreflex sind die Chancen sehr groß, Gesetzesübertretungen dokumentieren zu können. So ganz nebenbei können Naturfotografen tolle Bilder des Gänsezuges schaffen. Falls ein Workshop zur Einarbeitung erwünscht ist, kein Problem, die nötigen Kenntnisse werden vor Ort vermittelt.

Die ostfriesischen Gänsewächter freuen sich auf jede Unterstützung. “


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Trotz Sichtweiten unter 40 Meter ist am 8. Januar 2009 auf Gänse in Borssum geschossen worden. Das war das Jagdgebiet, aus dem wir die 4-5 Jäger vertrieben . Diese Gänse wurden am Petkumer Fähranleger fotografiert. Dieses Nebelbild ist sehr wichtig, denn die meisten Gänse werden bei extrem schlechter Sicht vom Himmel geholt.
(Alle Fotos: Privat/VsK)