Eine Schatztruhe der Natur

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Gemeinsame Pressemitteilung mit dem Bundesamt für Naturschutz

Eine Schatztruhe der Natur

Bundesprogramm Biologische Vielfalt fördert Lebensgemeinschaften von Alt-
und Totholz im Saarland

Bonn/Saarbrücken 26. April 2013: Heute wurde in Saarbrücken ein Projekt zum
Schutz und Entwicklung von Alt- und Totholz in Wäldern als Lebensraum für
viele seltene Arten gestartet. In den kommenden sechs Jahren werden Experten
mit privaten und öffentlichen Forstbetrieben neue Strategien und
Managementkonzepte erarbeiten, um den bislang weitgehend unbeachteten
Lebensraum Alt- und Totholz in die bestehende Waldbewirtschaftung auf ganzer
Fläche mit einzubinden. Dazu stellt das Bundesumweltministerium
(BMU) aus dem Bundesprogramm Biologische Vielfalt ca. 1,4 Millionen Euro zur
Verfügung. Das Bundesamt für Naturschutz (BfN) begleitet das
Naturschutzprojekt des NABU Saarland als Bewilligungsbehörde fachlich.
Zusammen mit Fördermitteln des saarländischen Umweltministeriums und Mitteln
des NABU stehen so für das „Totholzprojekt“ insgesamt fast
1,9 Millionen Euro zur Verfügung.

Bundesumweltminister Peter Altmaier: „Mit diesem Projekt tragen wir dazu
bei, Wälder als eine Schatztruhe der Natur zu bewahren und zu schützen.
Die Bedeutung unserer Buchenwälder zeigt sich daran, dass im Jahre 2011 fünf
deutsche Buchenwaldgebiete mit herausragenden alten Waldbeständen in die
Liste des UNESCO-Welterbes aufgenommen wurden. Einer nachhaltigen und an
Naturschutzaspekten orientierten Forstwirtschaft kommt somit eine
entscheidende Rolle zu.“

BfN-Präsidentin Prof. Beate Jessel: „Aus Naturschutzsicht besonders wichtig
ist der Erhalt der wertvollen älteren Buchenwälder von über 160 Jahren. Denn
die Alters- und Zerfallsphasen alter Bäume bieten ganz spezielle Strukturen
und Lebensräume, auf die viele seltene und in ihrem Bestand gefährdete Arten
(u.a. Holz bewohnende Insekten, Pilze und Flechten bzw.

sog. Urwaldreliktarten) angewiesen sind. Nur noch auf insgesamt weniger als
0,3 Prozent der Fläche Deutschlands sind aber diese älteren Buchenwälder
noch vorhanden, da die Buche relativ "frühzeitig", d. h. im Alter von 120
bis 140 Jahren geerntet wird. Totholz ist ein Paradies für die biologische
Vielfalt. Umso wichtiger ist es, dass sich Initiativen und Projekte wie das
heute vorgestellte eingehend mit dem Thema Totholz beschäftigen, angepasste
Bewirtschaftungsstrategien für die Waldwirtschaft entwickeln und sie einer
breiten Öffentlichkeit näherbringen.“

Der natürliche Alterungs- und Zerfallsprozess des Waldes wird in der
modernen Forstwirtschaft kaum berücksichtigt, weil die Bäume dann geerntet
werden, wenn sie gut zu vermarkten sind. Das ist der Grund, weshalb alte und
totholzreiche Wälder mit ihren Lebensgemeinschaften heute kaum noch
anzutreffen sind.

Das Projekt hat den Titel „Entwicklung und Förderung von Alt- und
Totholzbiozönosen durch eine nachhaltige Bewirtschaftungsstrategie in
saarländischen Forstbetrieben“. Auf Basis aktueller Erfassungsdaten zu
Vegetation, Tierarten und Pilzen in ausgewählten Buchenwaldbeständen des
Saarlandes sollen im „Totholzprojekt“ insbesondere die Restpopulationen der
Alt- und Totholzbiozönosen identifiziert, vernetzt und somit letztendlich
bewahrt bzw. weiterverbreitet werden. Dafür müssen ausreichende
Altholzstrukturen kontinuierlich und flächendeckend entwickelt und erhalten
werden, wobei hier besonderes Augenmerk auf dem Überleben der stark
bedrohten Urwaldreliktarten liegt. Im Laufe des Projektes sollen außerdem
Handlungsempfehlungen zu den Themen Arbeitssicherheit und Verkehrssicherung
im Wirtschaftswald erarbeitet werden, die anschließend von Waldbesitzern und
Forstbetrieben durch Praxisleitfäden konkrete Anwendung finden.


Ein wichtiger Teil des Projektes ist auch die Information einer breiten
Öffentlichkeit. Alle entscheidenden Akteure aus Politik, Forstwirtschaft,
Forschung und Bevölkerung werden durch eine umfassende Kommunikation in
Diskussionsforen, mit Fachexkursionen und Publikationen sowie Ausstellungen
informiert und eingebunden. Als wichtige Kommunikationsplattform ist im
Rahmen des Projektes der Bau eines Informationszentrums vorgesehen. Hier
werden die gewonnenen Ergebnisse repräsentativ und nachhaltig einer breiten
Öffentlichkeit zugänglich gemacht und kommuniziert.

Hintergrund: Totholz-Projekt

Auch wenn die Bezeichnung „Totholz“ etwas anderes vermuten lässt, ist
Alt- und Totholz ein Lebensraum, der in seiner strukturellen Vielfalt
seinesgleichen sucht. Durch seine vielfältigen Lebensraumstrukturen ist
Totholz von zahlreichen Tier- und Pflanzenarten besiedelt. Zahllose Arten
von Insekten, Spinnen, Amphibien, Reptilien, Vögeln und Säugetieren, wie
z.B. Fledermäuse, finden hier ein Zuhause. Wenn ein Baum sein natürliches
Alter erreicht hat und nach vielen Jahrzehnten zu einem echten Baumveteranen
gereift ist (bei der Buche mit ca. 300 Jahren), dann entfaltet sich erst
sein wahrer ökologischer Wert. Diese aus ökologischer Sicht entscheidende
Lebensphase des Baumes fehlt aber leider fast vollständig in unseren
Wirtschaftswäldern.


Weitere Informationen zum Projekt finden Sie unter:
http://www.Totholz.NABU-Saar.de