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Skandal: Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz verkehrt Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte ins Gegenteil!

Die Zwangsmitgliedschaft in der Jagdgenossenschaft verletzt die Menschenrechte. Dennoch hat das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz den Eilantrag des Bio-Winzers Gänzaus Hackenheim zurückgewiesen.In diesem Eilverfahren ging es darum, ob die Grundstücke des Bio-Winzers vorläufig jagdfrei gestellt werden.

In der Pressemitteilung des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 26.6.2013 – also genau ein Jahr nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte gegen die Zwangsbejagung – heißt es: „Die Jagd aus Gewissensgründen ablehnender Grundstückseigentümer muss Jagdausübung auf seinen Grundstücken vorläufig weiter dulden“.

Genau ein Jahr zuvor, nämlich am 26.6.2012 hatte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte sein Urteil verkündet, dass die Zwangsmitgliedschaft in Jagdgenossenschaften gegen die Menschenrechte verstößt: Es ist nicht mit dem in der Menschenrechtskonvention garantierten Schutz des Eigentums zu vereinbaren, wenn Grundstückseigentümer gegen ihren Willen zwangsweise Mitglied in Jagdgenossenschaften sind und damit die Jagd auf ihrem Eigentum dulden müssen.

Somit waren bestehende Regelungen des Bundesjagdgesetzes (BJagdG) ein Verstoß gegen die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK).

Unter massivem Einfluss der Jagdlobby kam daraufhin das "Gesetz zur Änderung jagdrechtlicher Vorschriften" zustande, welches das Urteil des Europäischen Gerichtshofs ganz massiv torpediert. Diese Gesetzesänderung wird in einem halben Jahr, am 6.12.2013 in Kraft treten.

Mehr dazu: www.zwangsbejagung-ade.de/rechtlichegrundlagen/index.html

Mehr Informationen über den Kampf der Winzerfamilie Gänz für eine Natur ohne Jagd: www.endlich-jagdfrei.de

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Lesen Sie die Pressemitteilung von Rechtsanwalt Dominik Storr, der die Winzerfamilie Gänz vertritt:

Zwangsmitgliedschaft in der Jagdgenossenschaft verletzt die Menschenrechte
Dennoch weist das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz den Eilantrag des Bio-Winzers Gänz zurück
 
Mit Beschluss vom 21.06.2013 hat das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz den Beschluss des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 17.04.2013 bestätigt und den Eilantrag des Inhabers des Weinguts und Biohotels Gänz aus Hackenheim zurückgewiesen. In diesem Eilverfahren ging es darum, ob die Grundstücke des Bio-Winzers vorläufig jagdfrei gestellt werden.
 
Europäischer Gerichtshof stellte Unzumutbarkeit der Zwangsbejagung fest

 
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hatte in seinem Urteil vom 26.06.2012 mit großer Richtermehrheit beschlossen, dass die Einbindung in eine Jagdgenossenschaft für einen Grundeigentümer, der die Jagd aus ethischen Gründen ablehnt, eine unverhältnismäßige Belastung seines Eigentums darstellt und gegen die Europäische Menschenrechtskonvention verstößt. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof setzte das Urteil des EGMR sofort in das deutsche Recht um (BayVGH, Beschlüsse v. 30.01.2013 – 19 AE 12.2122 u. 19 AE 12.2123).
 
Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz spielt Verstoß gegen Grund- und Menschenrechte herunter

 
Das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz redet die Entscheidung des höchsten europäischen Gerichts jedoch nahezu wortgleich mit den Argumenten der Jagd-Lobby klein: Aus der EGMR-Entscheidung folge kein Anspruch auf Befriedung der Flächen. Der Grundstückseigentümer habe lediglich einen Anspruch darauf, dass seine Interessen im Rahmen einer Abwägung berücksichtigt würden.
 
Kurioser Verfahrensablauf vor dem Oberverwaltungsgericht

 
Nicht nur das Ergebnis, sondern auch der Verfahrensablauf vor dem Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz waren kurios. Der Berichterstatter des 8. Senats, der Vorsitzende Richter am Oberverwaltungsgericht Prof. Dr. Held, fragte nach Eingang der Beschwerde zunächst bei der Kreisverwaltung Bad Kreuznach an, inwieweit auf die Interessen des Bio-Winzers vorläufig Rücksicht genommen werden könnte. Nur vier Tage später schrieb der Berichterstatter des 8. Senats die Kreisverwaltung Bad Kreuznach erneut an und bat, die gegen eine Befriedung der Grundstücke angeführten Gemeinwohlbelange an den neuen (noch nicht in Kraft getretenen) Regelungen des Bundesjagdgesetzes zu orientieren. Woher dieser Sinneswandel innerhalb weniger Tage?
 
Kreisverwaltung Bad Kreuznach konnte Gemeinwohlbelange nicht glaubhaft machen

 
Obwohl die Kreisverwaltung Bad Kreuznach keine Gemeinwohlbelange glaubhaft machen konnte, die gegen eine Befriedung der Grundflächen sprechen, wies das Oberverwaltungsgericht die Beschwerde zurück. Das Gericht war zudem der Auffassung, dass es vorliegend an der Eilbedürftigkeit fehle, weil die Kreisverwaltung Bad Kreuznach zugesichert habe, das Verwaltungsverfahren wieder aufzunehmen. Diese Zusicherung erfolgte jedoch erst, nachdem die Kreisverwaltung offenbar selbst von einer Niederlage vor dem Oberverwaltungsgericht ausgegangen war. In einem an das Oberverwaltungsgericht gerichteten Schriftsatz der ebenfalls beteiligten Stadtverwaltung Bad Kreuznach hieß es:
 
„Jedenfalls wäre bei einer vorläufigen Regelung sicherzustellen, dass die Jagdpächter ohne Weiteres erkennen können müssten, wo sich der befriedete Bereich befindet (...).“
 
Die Jagd-Lobby und die deutschen Gerichte: Eine traditionelle Verbundenheit

 
„Es ist mit wenigen Ausnahmen nahezu sinnlos, die deutschen Gerichte beim Thema Jagdzwang anzurufen. Wenn ein Richter des Bundesgerichtshofs gleichzeitig Präsident eines Landesjagdverbandes ist, demonstriert dies eindrucksvoll die traditionelle enge Verflechtung zwischen den deutschen Obergerichten und der Jagd-Lobby“, beschwert sich der Anwalt des Bio-Winzers Gänz aus Neustadt am Main. Dass sich die mittelalterlich anmutende Jagd bis heute nicht reformiert habe, sei vor allem auch dem bisherigen Versagen der deutschen Gerichte zu verdanken, so der Anwalt Dominik Storr weiter. Derzeit werde geprüft, ob im vorliegenden Eilverfahren das Bundesverfassungsgericht angerufen wird.
 
Familie Gänz zeigt sich zuversichtlich: Kreisverwaltungsbehörde und Jäger bewegen sich

 
Trotz der unerwarteten Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz zeigt sich die Hackenheimer Familie Gänz zuversichtlich: “Der Verlauf des Verfahrens hat gezeigt, dass sich etwas bewegt. Zwei Jäger haben sich schon bereit erklärt, auf die Bejagung unserer Flächen verzichten zu wollen. Die Kreisverwaltungsbehörde möchte unseren bislang zurückgestellten Antrag nun vorzeitig bearbeiten und eine Abwägung vornehmen.”
 
Eine endgültige Entscheidung über die jagdliche Befriedung der Flächen der Familie Gänz wird im Hauptsacheverfahren getroffen, sobald die Änderungen des Bundesjagdgesetzes wirksam werden.

Neustadt, den 27.06.2013


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Viele Grüße von der Initiative zur Abschaffung der Jagd

www.abschaffung-der-jagd.de

und der Bürgerbewegung Zwangsbejagung ade

www.zwangsbejagung-ade.de