Erfolg vor dem Verwaltungsgericht Oldenburg: Alle Flächen des Ulmenhofs bleiben jagdfrei!

Bereits seit 2015 sind etwa 5 Hektar Fläche des Ulmenhofs - einem Tierheim mit Gnadenhof - im Landkreis Aurich (Ostfriesland) offiziell jagdfrei. 2017 hat der Landkreis Aurich hat zwei weitere Grundstücke, die der Ulmenhof erworben hat, jagdrechtlich befriedet. Doch der betroffene Jagdpächter verklagte den Landkreis auf Rücknahme der Befriedung der beiden Grundstücke. Das Verwaltungsgericht Oldenburg hat in seinem Urteil vom 22.10.2018 die Klage des Jägers abgewiesen: Der Ulmenhof bleibt auf allen Flächen jagdfrei!

Auf dem Ulmenhof, einem ehemaligen Bauernhof in Uttum, in der Krummhörn (zwischen Emden und Greetsiel) hat das Ehepaar Huber in Eigeninitiative und Eigenarbeit ein kleines Tierheim mit Gnadenhof aufgebaut. Gnadenbrot-Tiere wie Pferde, Ziegen, Mini-Schweine, Gänse und Fundtiere, wie zahlreiche Katzen, dürfen hier ihren Lebensabend verbringen.

Als der Jagdpächter vor einigen Jahren einen Hochsitz in Sichtweite aufgestellt und das Grundstück mit Jagdfreunden betreten hatte, fürchtete das Ehepaar Huber um seine Tiere.

Seit 2015 sind 5 Hektar Grundstück jagdfrei

Darum stellten die Grundstückseigentümer im Sommer 2013 für ihre etwa 5 Hektar Fläche einen Antrag auf jagdrechtliche Befriedung aus ethischen Gründen. Sie beriefen sich auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 26.6.2012, in dem festgestellt wurde: Es ist nicht mit dem in der Menschenrechtskonvention garantierten Schutz des Eigentums zu vereinbaren, wenn Grundstückseigentümer, welche die Jagd aus ethischen Gründen ablehnen, die Jagd auf ihrem Grund und Boden gegen ihren Willen dulden müssen.

Am 28.7.2014 gab die Untere Jagdbehörde des Landkreises Aurich dem Befriedungsantrag statt: Mit Beginn des neuen Jagdjahres am 1.4.2015 wurden die Grundstücksflächen des Ulmenhofs offiziell jagdfrei.

Jagdpächter will in unmittelbarer Nähe des Gnadenhofs weiter die Jagd ausüben

Nun beharrte der Jagdpächter darauf, einen Heckenstreifen von etwa drei (!) Metern Breite in unmittelbarer Nähe des Hofs – nur eineinhalb Meter neben dem Parkplatz für die Tierheim-Besucher - zu bejagen. Er schaltete sogar die Jagdbehörde ein, um den Bewohnern des Hofes mitzuteilen, dass die Jagd dort keinesfalls be- oder verhindert werden darf. Die Behinderung des Jagdausübungsrechts wird als Ordnungswidrigkeit geahndet.

Das Ehepaar Huber, die Betreiber der Ulmenhofs, waren dadurch extrem beunruhigt: Jagdausübung direkt neben dem Parkplatz? Wo nicht nur Erwachsene, sondern auch Kinder unterwegs sind, die Fundtiere bringen oder abholen?

2017: Der Landkreis Aurich befriedet zwei neue Grundstücke

Nach intensiven Gesprächen mit den Behörden kristallisierte sich als einzige Möglichkeit der Kauf der betroffenen Flurstücke heraus, die im Eigentum der Gemeinde standen. Die Hubers traten also in Kaufverhandlungen mit der Gemeinde und konnten - zu ihrer größten Freude – die zwei Grundstücke in unmittelbarer Nähe des Anwesens erwerben. Das eine Grundstück ist die etwa drei Meter breite Hecke entlang des Ulmenhofs, das andere Grundstück ist ein daran angrenzendes Vogelschutz-Gehölz, in dem nicht nur Vögel Schutz finden, sondern das auch zahlreichen weiteren wildlebenden Tieren wie Rehen einen Rückzugsort bietet.

Nach dem Erwerb der beiden Grundstücke stellte das Ehepaar Huber den Antrag auf jagdrechtliche Befriedung. Der Landkreis Aurich hat die beiden Grundstücke, die der Ulmenhof von der Gemeinde erworben hat, mit dem Beginn des neuen Jagdjahres 2017/18 jagdrechtlich befriedet.

Der Jagdpächter verklagt den Landkreis

Doch der betroffene Jagdpächter verklagte den Landkreis: Der Landkreis Aurich sollte den Befriedungsbescheid für die beiden Grundstücke aufheben oder zumindest den Bescheid so abändern, dass die jagdrechtliche Befriedung erst zum Ende des Jagdpachtvertrags am 31. März 2022 in Kraft tritt. In seiner Klage zweifelte der Jäger einerseits die ethischen Gründe der Hubers an. Andererseits sei der Verkauf der Grundflächen durch die Gemeinde nur zu dem Zweck erfolgt, dem neuen Grundstückseigentümer einen Befriedungsantrag zu ermöglichen. Dies sei sehr fragwürdig. Insbesondere hob der Jäger hervor, dass durch die Befriedung eine vernünftige Revierpflege nicht mehr möglich sei, da das Raubzeug, dass sich gerade auf den betroffenen Flächen aufhalte, nicht mehr bejagt werden könne.

Urteil des Verwaltungsgerichts: Die ethischen Gründe des Grundstückseigentümers wiegen schwerer als die Interessen des Jagdpächters

Am 17.10.2018 fand die mündliche Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht Oldenburg statt. Thomas Huber war als Betroffener beigeladen und führte seine ethischen Gründe gegen die Jagd auf seinen Grundstücken, auf dem er mit seiner Ehefrau ein Tierheim mit Gnadenhof aufgebaut hat, erneut mündlich aus.

Am 22.102018 fällte das Verwaltungsgericht sein Urteil: Die Klage des Jägers wurde abgewiesen. Der Ulmenhof bleibt auf allen Flächen jagdfrei! (Urteil des Verwaltungsgerichts Oldenburg vom 22.10.2018, Az. 11 A 100/17)

Das neunseitige Gerichtsurteil ist wirklich lesenswert, da es explizit auf die ethischen Gründe eingeht: Der Grundstückseigentümer habe glaubhaft gemacht, dass er die Jagdausübung aus ethischen Gründen ablehne. Wörtlich heißt es in dem Urteil: „Der Beigeladene betreibt auf den für befriedet erklärten Flächen ein Tierheim bzw. einen Tiergnadenhof. Nach seinen glaubhaften Angaben im Verwaltungsverfahren ist er seit mehr als 30 Jahren aktiv im Tierschutz tätig und hat gemeinsam mit seiner Ehefrau unter hohem Einsatz das Tierheim und den Gnadenhof errichtet. Mit seinem Einsatz für die Tiere kämpfe er tagtäglich um deren Leben. Demgemäß könne er es nicht mit seinem Gewissen vereinbaren, wenn zugleich auf seinem Grundstück Tiere erschossen würden. Diese Angaben hat der Beigeladene auch in der mündlichen Verhandlung glaubhaft bestätigt.“ Der Befriedung der Grundfläche stünden keine Versagungsgründe im Sinne des § 6a Abs. 1 Satz 2 BJagdG entgegen.

Auch der Antrag des Jägers, die Befriedung erst zum Ende des Pachtvertrages 2022 auszusprechen, wurde abgewiesen. Dem Grundstückseigentümer sei es , so das Verwaltungsgericht, unter Abwägung mit den schutzwürdigen Belangen der Jagdgenossenschaft nicht zuzumuten, die Befriedung bis zum Ablauf des laufenden Jagdpachtvertrags abzuwarten. Einerseits handle es sich um relativ kleine Flächen, die unmittelbar an bereits bestandskräftig befriedete Flächen angrenzten, die Jagdausübung werde nicht nennenswert beeinträchtigt. „Auf der anderen Seite war gewichtig zu berücksichtigen, dass der Beigeladene in unmittelbarer Nähe zu den fraglichen Flächen ein Tierheim/Tiergnadenhof betreibt, wodurch sich ein erhebliches Interesse an der Nichtausübung der Jagd in diesem Bereich ergibt“, heißt es in dem Urteil wortwörtlich weiter.

„Wir müssen möglichst viele Grundstückseigentümer über die Befriedungsmöglichkeit aufklären“

Die Eigentümer des Ulmenhofs freuen sich natürlich über das Urteil und die Tatsache, dass alle Flächen des Gnadenhofs nun endgültig jagdfrei sind. Doch für Thomas Huber ist der Kampf gegen die Zwangsbejagung noch nicht vorbei: „Die jahrelangen Querelen brachten mich dazu, nun verstärkt gegen die Zwangsbejagung (Bejagung des eigenen Grundstücks gegen seinen Willen) von Grundstücken und die damit verbundenen Unzumutbarkeiten einzutreten“, erklärt der Tierschützer. „Ich habe begonnen, bundesweite Verbindungen, die ich während meines Kampfes gegen die Zwangsbejagung knüpfen konnte, zu kontaktieren. Ziel soll eine Gesetzesänderung des Bundesjagdgesetzes sein. Die Notwendigkeit ethischer Gründe, die vor einer Jagdbehörde standzuhalten haben, um Grundstücke zu befrieden, muss wegfallen. Ich frage mich schon lange, was die Jagdbehörde, in der oft Jäger sitzen, dazu qualifiziert, über ethische Gründe eines Antragstellers zu befinden. Jemandem, der Angst um seine Kinder hat, oder Personen, die das Töten nicht mit ansehen können, sollte eine Befriedung ebenfalls möglich sein. Auch Menschen, die sich mit der Formulierung ihrer Gründe schwer tun, dürfen nicht von der Befriedungsmöglichkeit ausgeschlossen werden.“

Doch bis das Bundesjagdgesetz entsprechend geändert wird und auch Tierschutzvereine, Naturschutzverbände oder Stiftungen – so genannte juristische Personen – die Möglichkeit haben, ihre Grundflächen jagdrechtlich befrieden zu lassen, dürfte noch ein langer Weg sein. Das weiß auch Thomas Huber. Darum hat sich der Tierschützer auch ganz nahe liegende Ziele gesteckt: „Anfangen sollten wir damit, möglichst viele Grundstückseigentümer über die Befriedungsmöglichkeit aufzuklären und sie darin unterstützen, einen Befriedungsantrag zu stellen.“ Für Fragen will Thomas Huber jederzeit zur Verfügung stehen, auch zur Einsicht in das Urteil dürfen sich Interessierte gern melden. 

Informationen über den Ulmenhof:

www.ulmenhofev.de

Bericht von der Gerichtsverhandlung:

 http://ulmenhofev.de/gerichtsverhandlung-vor-dem-vg-oldenburg

 

Viele freundliche und tierfreundliche Grüße

Ihr Team von

Zwangsbejagung ade

www.zwangsbejagung-ade.de

 


 


Pferd erschrickt durch vorbeilaufenden Hund: Hundehalter haftet nicht für Schäden eines abgeworfenen Reiters

 

 


Wir hatten berichtet, dass das nicht klagebefugte Vogelschutz-Komitee den BUND unterstützt hat, in einer Klage gegen den Glaskubus auf dem Drachenfels (Bonn). Dazu erging nun das Urteil
Hier die Pressemitteilung des VG Köln

Klage gegen Glasbau auf dem Drachenfels erfolgreich

7. August 2012

Die vom Rhein-Sieg-Kreis erteilte Erlaubnis zur Gestaltung der Glasfassade des Glaskubus auf dem Drachenfels ist rechtswidrig, weil es Vogelschutzglas gibt, das erheblich wirksamer Vogelschlag vermeidet als das bereits eingebaute Glas. Dies hat das Verwaltungsgericht Köln mit einem heute den Beteiligten bekannt gegebenen Urteil festgestellt und damit einer Klage des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) stattgegeben.

Der Drachenfels ist mit jährlich etwa 450.000 Besuchern ein herausragendes touristisches Ziel von überregionaler Bedeutung. Das Drachenfelsplateau liegt in dem nach europäischen Vorgaben besonders schützenswerten Fauna-Flora-Habitat-Gebiet (FFH) „Siebengebirge“. Schon seit vielen Jahren gab es Überlegungen, das Drachenfelsplateau umzugestalten. Im Herbst 2010 beschloss daher der Rat der Stadt Königswinter einen Bebauungsplan für das Plateau. Im März 2011 nahm die Bezirksregierung Köln das Plateau aus seiner Naturschutzgebietsverordnung aus. Im August 2011 erteilte die Stadt Königswinter der Wirtschaftsförderungsgesellschaft der Stadt eine Baugenehmigung zur Umgestaltung des Plateaus. Schließlich befreite der Rhein-Sieg-Kreis als Landschaftsbehörde die Bauherrin von dem naturschutzrechtlichen Verbot, Veränderungen oder nachhaltige Störungen des umliegenden Naturschutzgebiets herbeizuführen.

Gegen die vom Rhein-Sieg-Kreis erteilte Befreiung erhob der BUND im August 2011 Klage vor dem Verwaltungsgericht, weil er befürchtet, dass das verwendete Glas nicht geeignet ist, Vogelschlag zu vermeiden. Das Gericht hat nunmehr entschieden, dass die Erlaubnis zur Gestaltung der Glasfassade rechtswidrig ist. Es stellte fest, dass die naturschutzrechtlichen Vorgaben weiterhin gelten, obwohl das Drachenfelsplateau inzwischen aus der Naturschutzgebietsverordnung ausgenommen sei. Es komme nicht darauf an, ob der Glaskubus im Naturschutzgebiet selbst liege. Maßgeblich sei allein, dass sich der Bau auf das umliegende Naturschutzgebiet negativ auswirken könne. Zwar habe der Rhein-Sieg-Kreis bei seiner Entscheidung berücksichtigen dürfen, dass der Neubau dazu dient, das Drachenfelsplateau als herausragendes touristisches Ziel zeitgemäßen Anforderungen entsprechend zu gestalten. Jedoch sei die Erlaubnis zur Gestaltung der Glasfassade rechtswidrig, weil es im Vergleich zu dem eingebauten Glas andere Möglichkeiten gebe, den Vogelschlag erheblich wirksamer zu vermeiden. So könnten z.B. Glastypen mit sichtbaren Markierungen einen Vogelschlag in mehr als 90 % der Fälle verhindern. Dass der Einbau hochwirksamen Glases unzumutbare Mehrkosten verursacht hätte, sei nicht ersichtlich und von der Bauherrin auch nicht geltend gemacht worden. Schließlich komme es nicht auf den Einwand der Bauherrin an, dass bei anderen wirksameren Varianten möglicherweise nur eine eingeschränkte Durchsicht des Glases gegeben sei. Eine solche allein an persönlichen ästhetischen Empfindungen orientierte Betrachtungsweise könne sich gegenüber den erheblichen Belangen des Naturschutzes nicht durchzusetzen, die durch die Ausweisung des Siebengebirges als Naturschutz- und FFH-Gebiet belegt seien.

Gegen das Urteil kann innerhalb eines Monats nach dessen Zustellung Antrag auf Zulassung der Berufung beim Oberverwaltungsgericht in Münster gestellt werden.

Az.: 14 K 4263/11